Kommt eine Tunnel-Maut am Gotthard in der Schweiz?



Zur besseren Steuerung des Verkehrsflusses und zur Reduktion von Staus in den Hauptreisezeiten könnte bald eine Maut fällig werden.




von Florian König, maut1.de - 16. August 2023

Der Gotthardtunnel in der Schweiz ist mit seinen knapp 17 Kilometer Länge der längste Straßentunnel in den Alpen und neben dem Brenner eine der wichtigsten und vielbefahrensten Nord-Süd-Verbindungen über die Alpen nach Italien. 

Der derzeit ohne weitere Kosten nutzbare Gotthardtunnel (eine gültige Vignette für die A2 in der Schweiz reicht aus) könnte zur besseren Steuerung des Verkehrsflusses und zur Reduktion von Staus in den Sommermonaten bald mautpflichtig werden: 

  • Die Sondermaut für den Gotthardtunnel könnte 20 Euro pro Fahrt betragen
  • Die Gebührenhöhe soll variabel und in der Hauptsaison teurer ausfallen
  • Sondermaut soll Mittel gegen Überlastung im Gotthardtunnel sein

Gotthardtunnel: wichtige Nord-Süd-Verbindung in den Alpen

Der Gotthardtunnel wird vor allem von Reisenden aus dem Südwesten Deutschlands auf dem Weg nach Italien oder Südfrankreich genutzt und jährlich von rund sechs Millionen Fahrzeugen passiert. Er zählt gerade in den Hauptreisezeiten Ostern, Pfingsten und Sommer zu den größten Staufallen in der Schweiz, was zu zähflüssigem Verkehr mit Staus auf vielen Kilometern führt. 

Die Schweizer Verkehrsplaner wollen sich ein Beispiel an der City-Maut in London nehmen. Seit der Einführung einer flexiblen City-Gebühr im Jahr 2013 ist das Verkehrsaufkommen sowie damit einhergehende Staus in der britischen Metropole um gut 30 Prozent zurückgegangen. Auch in einigen benachbarten Ländern sind spezielle Mautgebühren an den Alpenpässen längst gängige Praxis, wie z.B. auf der Brennerautobahn in Österreich sowie in den französischen Straßentunneln Mont Blanc und Fréjus.

Autobahn zum Gotthard-Tunnel

Maut für den Gotthard-Tunnel könnte 20 Euro kosten

Derzeit ist die Fahrt durch den Gotthardtunnel im Jahrespreis der Schweizer Vignette inbegriffen. Allerdings haben einige Schweizer Politiker Pläne, für alle Fahrzeuge, die durch den Tunnel wollen, eine in der Höhe variable Gebühr in Form einer Sondermaut zu erheben. 

Obwohl es bisher nur Pläne sind, werden diese von Beobachtern als durchaus realistisch angesehen und könnten im Parlament eine Mehrheit finden. Die Politiker fordern ein flexibles Preissystem, das bedeutet, dass die Tunnelgebühren je nach Nachfrage und Verkehrsaufkommen angepasst werden sollen. Infolgedessen würden Urlauber während der Reisezeiten höhere Gebühren zahlen müssen, wohingegen die lokale Bevölkerung Vergünstigungen erhalten würde. 

Laut Medienberichten wird eine Gebühr von umgerechnet rund 20 Euro pro Tunneldurchfahrt diskutiert. Während der Hauptsaison wäre die Gebühr höher, während sie in der Nebensaison im Januar oder November niedriger wäre.

Warum ist eine Sondermaut für den Gotthardtunnel im Gespräch?

Das Ziel der Sondermaut ist es, eine flexible Auslastung des Tunnels zu erreichen und somit einen Anreiz für Urlauberinnen und Urlauber zu schaffen, außerhalb der Stoßzeiten anzureisen, insbesondere zu Ferienbeginn oder an Feiertagen. Durch diese Maßnahme sollen Stauspitzen vermieden werden. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass der Umstieg auf die Bahn attraktiver gestaltet wird. Immerhin verläuft unter dem Gotthard-Massiv der längste Eisenbahntunnel der Welt.

Sondermaut führt zur Verteuerung des Urlaubs

Verkehrsfachleute sind skeptisch bezüglich der Tatsache, dass gerade in der Urlaubssaison die höchsten Gebühren verlangt werden, um Urlauber dazu zu bewegen, außerhalb der Stoßzeiten oder an Feiertagen zu reisen. Sie argumentieren, dass Reisende ihren Urlaubstermin nicht vollständig frei wählen können, da sie an Ferienzeiten und feste Bettenwechsel gebunden sind. 

Und, kein Autofahrer stellt sich freiwillig in den Stau, was die gewünschte Lenkungswirkung durch die Gebühr als eher unwahrscheinlich erscheinen lässt. De facto wird der Urlaub für Reisende deutlich teurer werden. Zudem könnte die „erfolgreiche“ Einführung einer Sondermaut sich möglicherweise zu einem lukrativen Vorbild werden, was dazu führt, dass auch an anderen Tunneln und Pässen Extramauten verlangt werden. 

 Schließlich besteht noch die Gefahr, dass sich der Verkehr aus Kostengründen auf Nebenstrecken, Gemeinden und weniger gut ausgestattete sowie weniger sichere Alpenstraßen verlagert.

Stau in Richtung Gotthard-Tunnel

Die Staus am Gotthard werden immer länger

Wie jüngste Verkehrszählungen ergaben, werden die Staus vor dem Gotthardtunnel von Jahr zu Jahr immer länger. Die Staustunden am Nordeingang des Gotthardtunnels haben sich statistisch zwischen 2012 und 2022 bereits verdreifacht. In den ersten vier Monaten des Jahres 2023 staute sich der Verkehr im Stau vor der Tunneleinfahrt bereits auf 340 Stunden Wartezeit zusammen – ein neuer Rekord. 

Das Schweizer Bundesamt für Strassen (Astra) warnte bereits vor dem Start der großen Sommerferien vor massiven Staus in Richtung Süden: „In diesem Sommer sei mit einem höheren Verkehrsaufkommen als im Rekordjahr 2022 zu rechnen.“

Bildnachweise : Headerbild: @ U. J. Alexander / adobe.stock.com & Staubild: @ Sanef Ines Porada / adobe.stock.com
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